Honda CBR 900 RR FireBlade​: 30 Jahre Feuer und Schwert​

Vor 30 Jahren verschaffte die Fireblade der Konkurrenz Schnappatmung: Der geniale Tadao Baba kombinierte die Kraft einer 1000er mit dem Gewicht einer 600er.

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Bei Motorrädern sollte man mit der Bezeichnung "Meilensteine" und "Legende" immer ganz vorsichtig sein, aber die Honda Fireblade gehört defintiv zu beiden.

(Bild: Honda)

Lesezeit: 11 Min.
Von
  • Ingo Gach
Inhaltsverzeichnis

Als Honda 1992 die CBR 900 RR FireBlade präsentierte, veränderte sie die Welt der Sportmotorräder radikal. Sie begründete ein neues Konzept, denn die FireBlade verband die Power einer 1000er mit dem Gewicht einer 600er: 125 PS und nur 185 kg Trockengewicht. 30 Jahre später gilt die Honda als Meilenstein, deren Auswirkungen heute noch zu spüren sind.

Untrennbar verbunden mit der FireBlade ist der Name Tadao Baba. Honda warb 1992 bei der Präsentation bewusst mit dem unkonventionellen Chef-Entwickler, der kein studierter Ingenieur war, sondern sich von der Pike auf im Unternehmen hochgearbeitet hatte. Als junger Mann hatte Baba zunächst am Fließband bei Honda gestanden, doch durch seine Rennerfolge in der japanischen Meisterschaft mit einer privat eingesetzten Honda wurde die R&D-Abteilung auf ihn aufmerksam und stellte ihn als Testfahrer ein. Baba hatte die Begabung, Probleme der Prototypen beim Testen rasch zu identifizieren und Lösungen zu entwickeln. Angeblich war es Firmengründer Soichiro Honda höchstpersönlich gewesen, der darauf bestanden hatte, dass Baba das Projekt eines neuen, absolut überlegenen Sportbikes leiten sollte.

Damals war der Hubraum in der Superbike-WM auf 750 cm3 begrenzt und Honda hatte 1988 mit der VFR 750 R – heute besser bekannt unter ihrem Werkscode RC30 – bereits ein überaus erfolgreiches, wenn auch sehr teures Sportmotorrad mit einem V4-Motor gebaut, das zweimal hintereinander den WM-Titel geholt hatte. Dabei galt in Japan seit der 1985 erschienen Suzuki GSX-R 750 eigentlich der Reihenvierzylinder als adäquate Motorisierung bei den Superbikes.

Entsprechend entwickelten die vier japanischen Hersteller – auch Honda – fleißig 750er mit Reihenvierzylindern, die zwar immer leistungsstärker, aber im Laufe der Zeit auch erheblich schwerer wurden und schließlich über 230 kg wogen. Das eliminierte die Mehrleistung wieder und machte die Motorräder zudem behäbig. Die Spitze der damaligen Sportmotorräder, wie die Yamaha FZR 1000 Exup, Suzuki GSX-R 1100 und Honda CBR 1000 F, hatten zwar um die 140 PS, wogen aber fünf Zentner und waren fast nur auf stabilen Geradeauslauf ausgelegt, in Schräglage mussten sie mit Nachdruck gebracht werden.

Tadao Baba hingegen beabsichtigte ein leichtes, handliches Sportmotorrad zu bauen und legte das Trockengewicht auf nur 185 kg fest. Zuerst wurde das Chassis mit einem breiten Aluminiumrahmen entwickelt. Der zunächst angedachte Reihenvierzylindermotor aus der CBR 750 F mit 105 PS empfand Baba als zu klein, er wollte mehr Hubraum. Der neue Motor behielt zwar die 70-mm-Bohrung bei, hatte aber 58 mm Hub, so dass sich 893 cm3 ergaben. Der Reihenvierzylinder produzierte 125 PS bei 10.500/min. Baba drückte das Gewicht des Prototyps durch den konsequenten Einsatz von CAD/CAM-Programmen und ließ für jedes einzelne Bauteil das Minimalgewicht errechnen. Der kettenrauchende Tadao Baba galt als freundlich und hatte für seine Mitarbeiter stets ein offenes Ohr, doch wenn seine Gewichtsvorgaben in der Entwicklungsabteilung nicht eingehalten worden waren, wurde er zum Berserker. Das Gleiche galt auch für seine Testfahrten auf Rennstrecken, Tadao Baba hatte bald den Ruf weg, dass er fast jeden FireBlade-Prototyp einmal gecrasht hatte. Er bewegte sich gerne am Limit.

30 Jahre Honda Fireblade Teil 1 (7 Bilder)

Der Meister und sein Werk: Tadao Baba machte sich und die Honda CBR 900 RR Fireblade schon vor 30 Jahren unsterblich.

Tadao Baba wollte das ideale Sportmotorrad für Rennstrecke und Landstraße erschaffen und die CBR 900 RR FireBlade erfüllte diesen Anspruch. Dabei kam es ihm vor allem auf zwei Dinge an, wie er oft erklärte: "Fun to ride, easy to control." Tatsächlich schlug die erste FireBlade mit dem Werkscode SC28 jedes andere Sportmotorrad, konnte allerdings wegen ihres Hubraums nicht in der Superbike-WM eingesetzt werden. Das tat ihrem Siegeszug aber keinen Abbruch, die CBR 900 RR wurde den Honda-Dealern aus den Händen gerissen.

Die FireBlade – Honda änderte die Schreibweise in Fireblade erst 2004, nachdem Tadao Baba in Rente gegangen war – ist die direkte Übersetzung des japanischen Worts für Blitz und genauso fühlte sich der vollgetankt 208 kg leichte Sportler für den Fahrer auch an. Baba hatte aus Gewichtsgründen auf ein 16-, statt 17-Zoll-Vorderrad bestanden und es trug zur phänomenalen Handlichkeit bei, auch wenn der breite 130er-Reifen zunächst gewöhnungsbedürftig war. In der Spitze rannte die FireBlade eindrucksvolle 254 km/h und zwar ohne sich aufzuschaukeln, was vor allem dem mächtigen Alurahmen zu verdanken war. Sogar auf die bei Sportmotorrädern gerade populär gewordene Upside-down-Gabel verzichtete Baba und blieb bei einer konventionellen Telegabel mit 45 mm Durchmesser, weil so einige hundert Gramm gespart werden konnten.

Ein besonderer optischer Gag waren die vielen runden Löcher in der Vollverkleidung. Auch die Honda-NSR-Rennmaschinen hatten damals solche Löcher, jedoch konnte ein echter Vorteil nie nachgewiesen werden. Der 18-Liter-Tank der FireBlade baute kurz, aber breit, so dass die Beine des Fahrers merklich gespreizt wurden, doch die Sitzposition war überraschend bequem, weil die Lenkerstummel relativ hoch angebracht waren. Der Reihenvierzylinder hing spontan am Gas und lief zumindest in der unteren Drehzahlhälfte fast vibrationsfrei.

Zwei Nissin-Bremsen mit 296-mm-Bremsscheiben am Vorderrad brachten exzellente Verzögerungen und es bedurfte nur zweier Finger am Bremshebel, um die FireBlade zur Vollbremsung zu zwingen. Im Cockpit dominierte mittig der Drehzahlmesser, die Skalierung des links platzierten Tachos reichte bis 300 km/h und rechts zeigte ein Thermometer die Temperatur des Kühlwassers an. Das sportliche Gesamtkunstwerk gab es 1992 für 19.575 D-Mark.